von Ralf Schultz | Apr. 1, 2018 | News
Eine frohe Botschaft – Ostern und Yoga,
An Ostern wird im christlichen Glauben dem Tod durch Kreuzigung und der anschließenden Auferstehung Jesus Christus gedacht. Jesus als Mensch stirbt hierbei und wird als Christus – der gesalbte, der das ewige Leben besitzt, wiedergeboren. Diese Symbolik – Tod und Wiederauferstehung, ist sehr alt und war und ist natürlich in vielen Kulturen und Traditionen bekannt. Es ist eines der zentralen Themen des Yoga. Während in der christlichen Lesart vor allem das Leiden und die Mühsal betont wurde die Jesus auf sich genommen hat um die Menschheit von ihren Sünden zu befreien, ist es in der Interpretation des Yoga eine psychologisch Innere und vor allem exstatische Reise zur Befreiung.
Ganz grundlegend spricht diese Symbolik von der Möglichkeit der Transformation des Bewusstseins. Eine schlussendlich psychisch-spirituelle Transformation von der Gebundenheit und Begrenztheit des Egoverstandes hin zu einer Realisierung der allem Leben zugrundeliegenden Einheit und inneren Freiheit.
Während die offizielle christliche Auslegung diese Möglichkeit auf Jesus Christus beschränkt – theistisch ausgedrückt als Einheit mit dem Göttlichen Vater – und nur durch den Glauben an Jesus auch der übrigen Menschheit zumindest die Möglichkeit einer Beziehung zum Göttlichen offensteht, spricht die Yoga Tradition von der potenziellen Möglichkeit die jedem Menschen innewohnt.
Die Möglichkeit der Realisierung der Identität mit dem „Göttlichen“
Man könnte sagen, das ist die wahre frohe Botschaft!
Die Yogatradition ist reich an Methoden und Praktiken um das zu erreichen und hat viele Wege diesbezüglich formuliert. Der eindrücklichste ist vielleicht das Konzept der Chakren, in der Befreiung als ein vertikal aufsteigender Weg der Öffnung und Integration von verschiedenen Bewusstseinsebenen (eben den Chakren) dargestellt wird.

folgende Punkte tauchen, je nach Tradition verschieden formuliert, auf:
*Versöhnung mit dem Schatten (Judas) und Integration: All die Seiten die wir nicht an uns sehen wollen, ablehnen und nach außen projizieren müssen wieder in unser Bewusstsein integriert werden. Das braucht Mut und die Bereitschaft der Introspektion, durch welche alles was von Moment zu Moment in uns vor sich geht vorbehaltlos anerkannt wird. Diese radikale Offenheit ist sozusagen die Hebamme der Kreuzigung.
*Kreuzigung: das Alte muss sterben damit Neues entstehen kann. „Das gilt es also zu begreifen: Der alte Mensch, der wir früher waren, ist mit Christus am Kreuz gestorben…(Römer 6.6)
Jede Veränderung bedeutet auf gewisse Weise zuerst Leiden und Schmerzen. Es braucht eigene Anstrengung (Tapas) und die Bereitschaft loszulassen! Ohne Hingabe ist Transformation nicht möglich. Es gibt eine Phase der Verwirrung, der Unsicherheit und des Nichtwissens aus der das Neue entsteht
*Wiederauferstehung: die zweite Geburt (Dvija) ein neues Licht wird geboren. Die Versöhnung und Vereinigung der horizontalen (Raum/Zeit, Materie) Ebene mit der vertikalen (Geist, Spirit) resultiert in der Geburt eines neuen Bewusstseins. Etwas profaner ausgedrückt ist es eine Wiedergeburt jenseits unserer alten Muster und Gewohnheiten und die Erfahrung eines Lebens aus einem ganzheitlichen Zentrum heraus. Oft wird dieses Zentrum als das Herz bezeichnet (das spirituelle Herz, nicht das Herzchakra) – die Balken vom Kreuz treffen sich auf Herzhöhe.
So wird aus dieser Perspektive die Kreuzigung und Ostern ein Ereignis der Freude und des ewigen Lebens. Eines Lebens, das alle Möglichkeiten in sich trägt und sich immer wieder neu erzeugt und hervorbringt – nicht im Jenseits oder vor 2000 Jahren, sondern Hier und Jetzt in jedem von uns.
Nicht umsonst wird Ostern im Frühling gefeiert wenn die Natur wiederaufersteht und die Lebenskraft anfängt zu fließen.
The Fountain of Life:
Zentrales Bild eines Tryptychons aus dem Mittelalter (Jean Bellegambe, 1520): die weibliche Gestalt rechts mit dem kleinen Topf repräsentiert Hoffnung, die weibliche Gestalt auf der linken Seite Liebe.
„Ich versichere dir, Nikodemus: Wer nicht neu geboren wird, kann Gottes Reich nicht sehen und erleben.« Verständnislos fragte der Pharisäer: »Wie kann jemand neu geboren werden, wenn er schon alt ist? Er kann doch nicht wieder in den Mutterleib zurück und noch einmal auf die Welt kommen!«
»Ich versichere dir«, entgegnete Jesus, »nur wer durch Wasser und durch Gottes Geist neu geboren wird, kann in Gottes Reich kommen! (Johannes 3:3-5)
Shiva/Shakti:
Wasser ist ein altes Symbol für das schöpferische Lebensprinzip und wird im Yoga oft mit dem weiblichen Prinzip bzw. Shakti assoziert – Gottes Geist ist Shiva (unkonditioniertes Bewusstsein)
von Ralf Schultz | Dez. 18, 2016 | News
„O Goddess, who lives within everything in the form of power,
Reverence to you!
O Goddess, who lives within everything in the form of awareness,
Reverence to you!”
Anfang Oktober wird in Indien Navaratri gefeiert, ein farbenfrohes Festival in dem die Schöpfungskraft als weibliche spirituelle Kraft verehrt wird. In Form von Gottheiten wie Durga, Lakshmi und Sarasvati ist es die Energie – Shakti – der Göttin selbst, die auf allen Ebenen erlaubt, das sich diese Manifestation entfalten kann. Es ist die heilige Kraft hinter allem was erfahren, gedacht, gefühlt, erkannt und realisiert wird.
Der Begriff Shakti bedeutet zuerst einmal einfach Kraft, oder Energie. Auf der äußeren Ebene ist es die Kraft die das Universum hervorgebracht hat, mit all seinen verschiedenen Energien, Atomen, Quanten, schwarzen Löchern, Spiralnebeln, Wurmlöchern, Planeten und Galaxien – Jagad Ambe – die Mutter des Universums.
Als Bhumi Devi ist sie die Mutter Natur – sie ist die Mutter die all Ihre Kinder versorgt und sie durch Ihren Körper ernährt und beschützt.
Das Tao Te Ching, einer der ältesten und profundesten spirituellen Texte sagt:
„infinite. eternally present.
It is the mother of the universe“
Seit den Anfängen des Menschseins wird das weibliche als Quelle des Lebens unter vielen Namen erkannt und verehrt, nicht nur in Indien sondern überall auf der Welt. Das weibliche verkörpert nicht nur die Quelle des Lebens sondern das Mysterium und das heilige des Lebens als solches.
Es reflektiert Ganzheit, die ewigen Kreisläufe von entstehen, Dasein und vergehen als die immerwährenden Zyklen der Natur.
Die Göttin ist die Schöpfung:
Sie ist die Geburt, Sarasvati, die fließende, die Inspiration und Kraft des schöpferischen Wortes. Ihre Farbe ist Weiß,
Sie ist die Fülle des Daseins als Lakshmi, Göttin der Fülle und Schönheit, der Balance und des Entzückens – Farbe rot
sowie die Kraft die Leben nimmt und zerstört in Form von Kali, der schwarzen Göttin der Zeit.
Es sind alles Aspekte, Qualitäten und Formen der einen Göttin, der einen Kraft.
In unserem Kulturkreis tauchte sie ebenfalls unter verschiedenen Namen auf,
z.B. als Dana, Brigid und Anu bei den Kelten.
In vielen Mythologien ist sie die Totalität des Lebens – eine Lebenskraft die sich durch unterschiedliche Formen ausdrückt – und jeder von uns ist ein individueller Ausdruck dieser Ganzheit.
in diesem Zusammenhang ist eine einfache aber sehr effektive Übung, sich wieder bewusst mit der Natur und ihren Kräften auseinanderzusetzen und zu verbinden. Die Kreisläufe des Lebens zu erkennen, zu würdigen, zu bewundern und sich mit Ihnen zu Synchronisieren ist allein schon die beste Gesundheitsvorsorge. Ayurveda ist die ganzheitliche Naturmedizin die sich auf dieser Grundlage entwickelt hat.
Shakti ist Bewusstseinskraft in Form
Im traditionellen Yoga, vor allem in seiner Tantrischen und Bhakti orientierten Ausrichtung haben Gottheiten, ihre Formen und Figuren oft eine wichtige Bedeutung. Durch die äußere Form werden innere Realitäten und Bewusstseinsebenen abgebildet und diese zugänglich gemacht. Die expliziten Formen, Farben und Gesten erschaffen eine symbolische Ausdrucksform, die auf innere Realitäten verweisen.
Durch Meditation, Kontemplation und Gebet mit und über diese Form werden innere Kräfte erweckt und zu einer erfahrbaren Realität.
Die äußere Gottheit, die Form, wird ein Mittel zur Kommunikation mit unserem eigenen tieferen Wesenskern, der weit über kulturelle und persönliche Begrenzungen hinausreicht.
Jedoch: Obwohl die Form eine gewisse Wichtigkeit besitzt ist sie nicht das wichtigste. Am letzten Tag von Navaratri wird die Statue von Durga im Wasser versenkt und aufgelöst. Die Form als solche ist nicht das Entscheidende, es ist die Kraft die diese Form hervorgebracht hat aber nicht an diese gebunden ist.
Shiva und Shakti
Als innere Kraft ist sie die Kraft des Bewusstseins selbst, welche erlaubt daß das Universum auf allen Ebenen – bis hin zu seinem Ursprung im Absoluten (Shiva) – erfahren und realisiert werden kann. Hier ist sie eins mit dem Höchsten, dem Absoluten und Transzendenten als Mahadevi oder Mahashakti. Maha bedeutet „groß“
In der indischen tantrischen Tradition werden diese Prinzipien als Shiva / Shakti ausgedrückt:
*Shiva steht hier für das Absolute und transzendente Bewusstseinsprinzip
*Shakti ist die Kraft des Bewusstseins, die Energie und Vibration aller Manifestation.
In ihrer Essenz sind die Beiden nicht getrennt, sie sind Eins:
Shiva ist Shakti, Shakti ist Shiva.
Sie sind frei, reines Sein, und voller Glückseligkeit.
Shiva/Shakti sind wir!
Jetzt
Diese 2 Prinzipien sind keine fremden Konzepte einer fremden Religion. Sie sind nicht an einen bestimmten Namen, einer Tradition oder Kultur gebunden. Sie sind jetzt in diesem Moment als Bewusstsein und Energie aktiv – Jetzt, als du und ich!
Ist das nicht aufregend?
Das Bewusstseinsprinzip reflektiert sich in uns als die Fähigkeit des Beobachtens, des reinen Gewahrseins, des „Zeugen“ – nicht nur der Außenwelt sondern auch aller inneren Phänomene. Dieses „Zeugenbewusstsein“ erlaubt ein Beenden der Identifikation mit unserem Denken und konditionierten Selbst
Das Shaktiprinzip wiederum zeigt sich in allem was sich bewegt, verändert und in diesem Bewusstseinsfeld auftaucht inklusive aller mentaler und emotionaler Bewegung.
Im Zuge dessen erfahren wir uns selbst nicht mehr als kleine abgeschottete Individuen eingeengt durch negative Mentale und emotionale Muster sondern als Ausdruck kosmischer Kräfte. Es ist ein Zusammenführen – verbinden – des Individuellen mit dem Kosmischen.
Das ist die Bedeutung von Yoga in seiner fundamentalen Form: Yoga als die praktische Wissenschaft zur Realisierung unserer eigenen inneren Essenz und damit zugleich die Realisierung der Einheit allen Seins mit seiner Quelle.
Es ist schlussendlich eine Realisierung das es nichts Getrenntes gibt. Alles ist eins in Bewusstsein, es ist die Auflösung der Trennung und des Leids und das Erblühen von Liebe und Mitgefühl.
Rein, nicht raus
In der Tantrischen, Shakti orientierten Ausprägung des Yoga ist der Schlüssel dazu eben Shakti – d.h. die Energien, Bewegungen in Körper und Geist.
Ganz praktisch: tief hinein spüren in den Körper, die Emotionen und Gedanken auf allen Ebenen spüren, wahrnehmen und akzeptieren und sie als das erkennen was sie sind: Ausdruck der kosmischen Shakti
Das bedarf ausreichender Bewusstseinskraft
Damit das möglich wird ist oft eine Vorbereitung nötig. Das nennen die Yogis „Sadhana“, die spirituelle Praxis.
Es sind Übungen und Praktiken – abgestimmt auf die Persönlichen Bedürfnisse – um zuerst mental-emotionale Energien zu balancieren und innere Anhaftungen zu lösen um so Zugang zu einer größeren Bewusstseinskraft, der Yoga Shakti, zu schaffen. Es ist dann diese Kraft, nicht mehr unsere „persönliche“ Anstrengung und Kompetenz die unser Bewusstsein ausdehnt und transformatorische Prozesse in Gang setzt.
Einige Praktische Hinweise zur Persönlichen Anstrengung
- Intentionen setzen: wonach sehnt sich meine Seele?
- Beziehung zu den Naturkräften aufbauen, Naturkreisläufe und Energien erfahren.
- Versöhnung und Heilung der Beziehung zu den Eltern, speziell der Mutter: Dankbarkeit für die persönliche Mutter als Ausdruck der Kosmischen Mutter
- Versöhnung und Heilung der Beziehung mit sich selbst; innere Verletzungen, Traumas etc. heilen.
- Sein eigenes Leben als einzigartiges kosmisches Geschehen realisieren – durch erkennen und auflösen von einengenden und leidvollen mentalen Identifikationen und Konditionierungen
- Regelmäßige Spirituelle Praxis wie Gebet, Meditation, Chanting, Yoga etc.
Die Liste ist natürlich unvollständig und nur zu Inspiration gedacht!
Jai ma guru
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